Kannst du dich kurz vorstellen?
Ich bin Robert, arbeite im Bereich Elektroakustik und Klangkunst und bin ganz allgemein wohl in der Musik zuhause.
Wo ist dein musikalischer Lebensmittelpunkt und warum?
Mein musikallischer Lebensmittelpunkt hat sich immer wieder verschoben. Einerseits habe ich eine Ausbildung in klassischer Musik, andererseits habe ich auch immer versucht, mich mit deren Grenzen zu beschäftigen. So kam ich auch zur Elektroakustischen Musik, in die ich in meinem zweiten Studium eintauchen durfte. So habe ich in meinem Berufsleben neben freischaffenden, künstlerischen Arbeiten wie viele andere unterrichtet – sowohl Klavier und Musiktheorie an Musikschulen als auch Klangkunst an der Bauhaus-Uni in Weimar.
Wie hat das Projekt angefangen?
Eine Anknüpfungsmöglichkeit, nach meinem Studium mit akusmatischen Mitteln zu arbeiten, war die Zusammenarbeit mit der Freien Theatercompagnie „erweiterte zugeständnisse“. Für die meisten der Produktionen durfte ich die Bühnenmusik und das Sounddesign gestalten. Diese Arbeit zwischen künstlerisch anspruchsvolleren, mehrkanaligen Einspielern oder Bühneninstallationen einerseits und den bodenständigeren Aufgaben, wie der Simulation einer gealterten Stimme der Protagonistin hat mir immer Freude gemacht. Zudem gibt es im Theater keine Genregrenzen, man kann also auch einfach mal ein impressionistisches Klavierstück schreiben, da gibt es einfach viel Freiheit. Zum anderen habe ich auch Hörbücher klanglich ausgestaltet. In diesem Umfeld ist das Material für die Stücke gewachsen, die am 27.5. zu hören sind.
Was sind deine Musikalische Einflüsse und Inspirationen?
Meine ersten Einflüsse auf meinen musikalischen Gestaltungswillen stammen wahrscheinlich eher von außerhalb der Musik, beispielsweise wollte ich einige Zeit gern Stücke komponieren, die ähnlich komplex und reduziert gleichermaßen wären wie die Bilder der amerikanischen Moderne. In den letzten Jahren empfinde ich Inspiration aber zunehmend für das aktive Hinhören auf das, was uns ohnehin bereits umgibt als dafür, dieser klingenden Welt immer noch mehr hinzuzufügen. Vielleicht ist das aber auch ein Indikator für einen fehlenden Ausgleich. Denn beides steht ja in einem kausalen Verhältnis.
Was sind deine Fokusse in deiner Musik
Die Frage lässt sich gar nicht so leicht beantworten. Das hängt oft an dem Material, mit dem ich mich beschäftige. Grundsätzlich würde ich aber sagen, dass mir etwas daran liegt, Rezipient*innen für ein tieferes Erleben ihres akustischen Alltags zu sensibilisieren. Sei es durch das freie Spiel mit concrèten Klängen oder einen sehr reduzierten Umgang mit einem einzigen klingenden Ausgangsmaterial.
Spürst du einen kapitalistischen Druck in deinem musikalischen Leben? Wie wäre es ohne ihn?
Absolut. Einerseits muss ich feststellen, dass ich in der nicht selbstverändlichen, glücklichen Lage bin, meinen Lebensunterhalt im Umfeld meiner Interessen zu bestreiten. Andererseits begleitet mich das Phänomen, dass ich meistens nicht für das bezahlt werde, was ich gelernt habe, nämlich Klavier zu spielen oder klanglich kreativ zu werden sondern dafür, es zu unterrichten. Denn außschließlich von der künstlerischen Arbeit zu leben – da kenne ich persönlich (fast) niemanden. Earl Brown hat mal in einem Interview sinngemäß gesagt, dass man sich eigentlich nur als Künstler*in bezeichnen könne, wenn man nicht den Aufträgen hinterher arbeitet sondern immer aus dem eigenen Impuls angetrieben wird. Ehrlich gesagt, nach dieser völlig plausiblen Beschreibung kann ich mich dann tatsächlich auch kaum als Künstler bezeichnen. Wenn ich ab morgen nur noch (ausreichend) für meine künstlerische Arbeit bezahlt würde – das wäre einerseits ein Traum, der mir erlauben würde, mich auch wirklich zu entwicklen statt zu liefern. Andererseits würde es sicher auch eine ganze Weile dauern zu lernen, mit den neue Bezugsgrößen überhaupt umzugehen.
Womit warst du in letzter Zeit beschäftigt und was sind deine Projekte für die nähere Zukunft?
Zuletzt habe ich die Filmmusik für den Dokumentarfilm „Und ruhig fließt der Rhein“ von Oliver Matthes und Volker Klotzsch gemacht. Die Arbeit an diesem sehr ruhig und behutsam erzählten Film kam mir sehr entgegen. Begonnen habe ich vor einigen Monaten zudem ein Herzensprojekt mit einer etwas aufwändigeren Komposition in mehreren Teilen, mit der ich eigentlich wieder an eine Ästhetik anknüpfen wollen würde, die ich in meinen Augen bzw. Ohren leider zu lange vernachlässigt habe. Bis zur Fertigstellung wird das aber sicher noch ein, zwei Jahre dauern, zumal bei all den beruflichen und familiären Verpflichtungen. In der allernächsten Zukunft steuere ich außerdem eine installative Arbeit für das ZiXP-Festival bei, einen kleinen atmenden Raum im Plast.
Was kann man von deinem Konzert in Leipzig erwarten?
Ausgewählt habe ich Arbeiten, die nicht den Anspruch ausgearbeiteter Kompositionen haben. Das Ausgangsmaterial für diese Collagen bilden meist Klangkulissen, die zuvor in Theaterstücken oder Hörbüchern Verwendung fanden. Mit diesen Klängen losgelöst vom ursprünglichen Kontext zu spielen, da hatte ich gerade Lust drauf. Außerdem ist es für mich ein Weg, mich nocheinmal von Projekten zu verabschieden, die schneller vorbei waren, als es mir lieb war. In einigen Passagen trifft man auch einfach nur auf Atmosphären, die weniger im gestischen Verlauf gestaltet sind als vielmehr in Varianten ihrer Struktur oder Textur, die vielleicht nur zum Umhören einladen. Wenn ein Motto gefordert worden wäre, hätte ich vielleicht Geo- und Biophonie gewählt, wenn zu Teilen auch mitunter in einer recht plakativen Art und Weise. Das Ausgangsmaterial sollte oft Tierisches assoziieren oder bestand sogar aus Aufnahmen von Tieren oder anderen Naturklängen. Eine tiefergehende ökologische Botschaft ist aber – zumindest bei diesen Arbeiten – damit nicht verbunden.
Was ist deine schönste Konzerterinnerung und warum?
Oh, eine schmerzhafte Beschränkung. Ich werde sie daher besser ignorieren. Mit fast jedem Konzert geht ja ein Gewinn einher. Am ehesten fühlte ich mich spontan an drei Konzerte erinnert: einmal an ein Konzert im Teenager-Alter mit Schostakowitschs 11. Sinfonie, die mich damals ob ihrer intensiven Atmosphären erschüttert hatte. Dann ein Konzert mit Françis Dhomont, der sein Stück „Brief an den Vater“ auf einem Acousmonium interpretierte und mir erst da klar wurde, welche Ebene eine Stereokomposition mit dieser Spatialisierung noch zu erreichen im Stande ist. Und schließlich tatsächlich ein Konzert in der Kulturnhalle vor ein paar Jahren mit dem Insubordination Orchestra, in welchem über einen langen Zeitraum immer nur zwei Instrumente gemeinsam jeweils einen Ton spielten, nach einer kurzen Pause folgte dann immer das nächste Paar aus einer Vielzahl unterschiedlichster analoger und elektronischer Instrumente. Das zeigte mir, das im Prinzip auch bei Kompositionen mit ganz normalen Intrumenten reduziertes Hören (im Sinne Pierre Schaeffers bzw. Michel Chions) möglich ist. Für mich hätte dieses Konzert noch Stunden weitergehen können – immer wieder eine neue Klangfarbe…
Wenn deine Stadt ein Geräusch wäre, welches wäre es?
Mich auf ein Geräusch oder eine Assoziation zu beschränken würde bedeuten, ihr gewissermaßen eine Vielfältigkeit abzusprechen. Und genau die mag ich sehr. Dass ich im Auwald liegen kann und einen ganz anständigen DawnChorus genießen kann während nur ein paar hundert Meter weiter die Straßenbahn über die Weichen einer Straßenkreuzung rumpelt.